Mittelbayerische Zeitung / Montag, 14. März 2011 / von Gabriele Mayer


Verfremdete Fotografien vom deportierten Großvater


In der Ausstellung „Take a look“ zeigen Jessica Kallage-Götze, Rayk Amelang und Black Judas Persönliches in ihrer Kunst.
Dass Künstler auch das ganz Private und Persönliche in ihrer Kunst sichtbar bearbeiten, ist nicht neu. Erinnert sei nur an zwei Pioniere: an Gerhard Richter und seine Werkreihe aus privaten Fotos. Und an Cindy Sherman, die ihren eigenen Körper schonungslos einsetzt und künstlerisch verfremdet. In der derzeitigen Ausstellung des Kunstvereins GRAZ dreht es sich nun interessanterweise um solche Kunst aus dem Privaten. Zwar wird damit keine neue Entwicklung vorgestellt, aber die kleine Schau mit jungen Künstlern gibt Anlass, Fragen zu diesem Thema aufzuwerfen.

Wachskörper, leicht verfremdet

Die Münchner Künstlerin Jessica Kallage-Götze fertigt stehende oder hockende Wachskörper, die sie ihrem eigenen nackten Körper nachgebildet hat. Sehr realitätsgetreu, aber doch leicht verfremdet, so dass sich etwa Altersspuren abzeichnen, die bei der Künstlerin selbst noch nicht zu sehen sind. Dieses Spannungsverhältnis könnte noch deutlicher herausgearbeitet werden. Die Vergänglichkeit, das Zerfließende, Gläserne drückt sich aber auch in dem Material aus. Rayk Amelang aus Regensburg hat einige interessante Bilder nach Familienfotos gemalt. Er hat ausprobiert, was er bei der Nachzeichnung weglassen kann, damit die Porträts gerade noch erkennbar sind in dem, was der Künstler an ihnen für typisch und wesentlich hält. Wobei Erkennbarkeit hier Unterschiedliches bedeutet. Für den Bildbetrachter, der die Familie Amelangs nicht kennt, dürfte die Antwort anders ausfallen.

Wie sieht der Enkel seinen Opa?

Black Judas aus Polen, der in Regensburg lebt, hat zwei Fotografien von seinem Großvater, die nach dessen Deportation in Auschwitz entstanden sind, vergrößert und verwischt. Man hätte zunächst gern erst mehr über diesen Mann erfahren und dann in einem zweiten Schritt vielleicht etwas darüber, wie der Enkel ihn sieht. Kunst und Fotografie als Medium der offenen Fragen. Der Blick hinein ins Private eines Künstlers ist tatsächlich kaum möglich für den Außenstehenden. Statt dessen wird der Blick auf die eigene Biographie in Gang gesetzt und außerdem die Frage nach dem, was überhaupt kunstfähig ist. Natürlich alles. Ist die Kunst ein Feld, in dem auch das Privateste noch einen allgemeinen Ort hat und eine Sprache bekommen kann? Den Künstlern persönlich näher zu kommen, das gelingt, sofern sie denn anwesend sind, mit derartiger Kunst auf jeden Fall.



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